Das Zeichen der
Bing Werke Nürnberg
zu den Zeiten der
Bing - Tischbahn.

Ein Personenzug der LMS bestehend aus der Uhrwerk-Schlepptenderlok Tender-Nr. 513 und drei Personenwagen. Der Zug ist etwa 80 Jahre alt und immer noch in sehr gutem Zustand.

Die Bing Tischbahn war die erste Spur 00 Eisenbahn in der Spurweite 16,5mm. Zwar hatte Märklin schon vorher die Liliput-Bahn (1912-29) als 00 - Bahn vorgestellt, aber diese führte ein Schattendasein und war von größerer Spurweite (26mm).
Richtig los ging es also mit Bing`s revolutionärer Entwicklung. Die ersten Gedanken dazu gab es wohl um 1914 schon (Greenly / Bassett-Lowke). Bing in Nürnberg startete die Produktion zu einer Zeit der großen wirtschaftlichen Probleme in Deutschland (Inflation, Arbeitslosigkeit) und setzte den neuen Standard der 16,5mm Spur 00 (= halbe Spur 0), welche in den 50er Jahren in H0 (halb-null) umbenannt wurde. Ende des Jahres 1922 kamen 2 Startpackungen. 1923 gab es 5 weitere Sets. Es gab zu Anfang nur Uhrwerk - Lokomotiven und ab November 1924 auch elektrische Maschinen mit Allstromantrieb (max. 8 Volt). Sowohl das Miniatur-Uhrwerk, als auch die kleinen Elektromotore stellten damals technische Höchstleistungen dar. Fanden sie doch Platz in Loks, die nur noch halb so groß waren, wie bisher.

Man beschränkte sich auf wenige Formvarianten.
Sowohl bei
Loks (Achsfolge immer 2-4-0), als auch bei Wagen:
1. Tenderlok mit Uhrwerkantrieb (es gab 3 verschiedene Uhrwerke)
2. Tenderlok mit Elektromotor
3. Schlepptenderlok mit Uhrwerk und Tender
4. Schlepptenderlok mit Uhrwerk ohne Tender
5. Eine einzige Tender - Schlepptenderlok mit Elektromotor in schwarz und ohne Beschriftung.
Wagen, alle mit nur 2 Achsen:
1. Personenwagen mit verschiedenen Bedruckungen
2. offener Güterwagen, dto.
3. geschlossener Güterwagen, dto.
4. Kesselwagen (nur SHELL)

Das Gehäuse der Schlepptenderlok war zu klein, um den elektrischen Antrieb aufzunehmen. Daher wurde nur eine elektrische Zwittervariante der Tenderlok mit Schlepptender angeboten (tender - tank loco). Das waren dann schon alle Triebfahrzeuge. Natürlich in verschiedenen Bedruckungsvarianten (Lithographie) passend zu den Bahngesellschaften L&NER, LMS, Southern u.a. Die Uhrwerkloks fuhren nur vorwärts, die elektrischen Schwestern waren über einen Handumschalter unter dem Führerhaus auf rückwärts umzuschalten. Das konnte auch mittels eines speziellen Gleises erfolgen. Die Stromaufnahme geschah mittels Rollenschleifer.
Die meisten produzierten Waggons waren Personenwagen der verschiedene englischen Bahngesellschaften. Zwar war Bing mit seiner Produktion in Nürnberg ein deutsches Unternehmen, jedoch erreichten die Absatzzahlen in Deutschland aufgrund der Wirtschaftskrise nie das Niveau des englischen Marktes. Für USA fertigte man eine elektrische Tenderlok mit Kuhfänger.

Bei den Güterwagen gab es einen offenen Niederbordwagen, einen geschlossenen Güterwagen und einen Tankwagen mit SHELL - Schriftzug. Es wurden nie die Namen weiterer Mineralölfirmen aufgedruckt. Die ersten beiden Güterwagen - Formen waren für verschiedene Bahngesellschaften und auch ganz ohne Namenszug erhältlich. Die größten Raritäten sind der Fischwagen (fish - wagon) und der Kühlwagen (refrigerator van). Diese stellen auch die letzten Wagen vor der Übernahme des Bing-Programmes durch Bub im Jahre 1932 dar. Wahrscheinlich gibt es von beiden Varianten nur noch eine handvoll Exemplare, die aus einem einzigen Fertigungslos stammen.
Die meisten Neuentwicklungen machte man unter Stefan Bing, der bis 1928 das Unternehmen leitete. Er ging in den 30er Jahren zu Trix, was man am Stil der ersten Trix-Modelle deutlich sehen kann. 1929 kam es zum Wall Street crash in New York. Dies hatte auch negative Auswirkung auf das Unternehmen der Bing-Werke und Ende 1934 wurde die Produktion eingestellt. Karl Bub, der selbst seit 1927 Eisenbahnen in 24mm Spurweite herstellte, hat offenbar ab 1932 einige der Werkzeuge und Maschinen von Bing übernommen und sehr ähnliche Modelle hergestellt.
Um 1938 verschwanden die Bing -typischen Bub -Modelle. Es gab dann noch eigene Entwicklungen einer Stromlinienlok und einer E-Lok. Beide mit einem sehr guten Uhrwerk. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges wurde die Bub Produktion der Modelle im alten Stil der 16,5mm Spur eingestellt. Nur Trix und Märklin überdauerten den Krieg und starteten danach zur Neuproduktion auf Basis der Vorkriegsmodelle, die bald durch Neuentwicklungen abgelöst wurden. Bub verlor sich nach dem Krieg in der nicht erfolgreichen Spurweite S und schwenkte später wieder auf H0 um. 1966 endete die Ära Karl Bub mit Schließung der Produktion. Wer sich intensiver mit Bub beschäftigen möchte, schaue bitte bei Rainer Haug auf die Homepage (www.spur00.de).
Bemerkenswert ist der sehr gute Erhaltungszustand, in dem man viele Bing 00 Modelle immer noch findet. Die Bleilegierung der Räder scheint immun gegen die Gusspest und das Blech der Gehäuse ist ohnehin sehr dauerhaft. Was nicht kaputtgespielt wurde oder verrostete, hat überlebt. Zudem wurde mit den Uhrwerkmaschinen offenbar wenig gespielt und die elektrischen Loks waren nicht sehr betriebsfreundlich, da die Konstruktion des Antriebes nur für erfahrene Spielbahner geeignet ist. Sicher nicht robust genug für Kinderhände und vieles wanderte wohl schon nach kurzem Spielbetrieb in die Regale der Keller und Dachböden.

Das weiterführende Bing Tischbahn Buch zu dieser Homepage. Durchgehend in Farbe und viele gestochen scharfe Fotos von Modellen, Technik und Tipps zum Fahrbetrieb.
Eine genauere Buchbeschreibung findet man

hier.

oben: Der Güterzug mit den drei Formvarianten der Güterwagen gezogen von der elektrischen Version der  Tenderlok im Reichsbahn-Lack, der sich ersatzweise auch gut als britische „goods loco" eignete. Für USA gab es das Maschinchen natürlich mit dem unvermeidlichen Kuhfänger!

Links: Eine Bing 00 Tischbahn Anlage mit allem damals erhältlichen Zubehör. Die Gebäude werden auf der extra - Seite in der Gallerie beschrieben. Weiterhin findet man Bilder meiner eigenen Anlage unter den Vorführungen.

Weitere Seiten in der Gallerie:

Die Uhrwerk - Schlepptenderlok der LMS mit Tenderaufdruck „513" war eine der ersten dieser Bauart und somit vielleicht die erste Schlepptenderlok der 16,5mm Spur. Sie ist etwa 80 Jahre alt. Weitere Loks gibt es hier zu sehen.

Die Wagen zur Bing Tischbahn haben eine extra Seite bekommen. Bitte hier klicken!

Das Gleissystem zur Bing Tischbahn war das Vorbild zum heutigen Märklin-Gleis. Hier geht es weiter...

Fast alle Bing - Modelle wurden als Set verkauft. Jedes Set enthielt Lok plus Gleise und Gebäude. Das Stellwerkhaus (signal box) ist besonders schön und wurde mit und ohne Beschriftung gefertigt. Hier geht es zu den Gebäuden der Bing Tischbahn.

Ein paar Bilder zu Karl Bub Loks vor 1939 gibt es auch hier zu sehen. Besonders interessant der superseltene Fliegende Hamburger.

Karl Bub verkaufte auch einige Gebäude passend zur Spur 00, die Bing nicht im Angebot hatte. Echte Neuentwicklungen also.

Tipps zum elektrischen Fahrbetrieb mit der Bing 00 Tischbahn:
Bevor es losgeht, zunächst ein Wort der Aufmunterung und des Trostes: Durchhalten und nicht aufgeben, lieber Tischbahn-Fahrer. Junge, nach vielen Wutausbrüchen wirst Du sehen: Gib nicht auf, es lohnt sich.

Die Erfahrungen aus den Erfolgen und Niederlagen beim Aufbau der Strecken mit dem alten Trix- und Märklingleis haben mir sehr geholfen. Alle Nachteile beider Gleissysteme scheinen hier nach Murphy`s Gesetz vereint. Verbogene Gleise, Kurzschluß am Mittelleiter, schlechte Stromleitung im Gleis, verschmutzte Oberflächen. Alles wird man genießen können.

Natürlich sollte man nur die besten Gleise verwenden, derer man habhaft werden kann. Sie bestehen aus sehr dünnem und leichtem Blech (viel unstabiler im Vergleich zu Märklin-Material) und sind oft verbogen und mit einer Rostschicht / Oxidschicht überzogen. Dabei ist gar nicht der rotbraune Rost das Problem, sondern eher die dunkle, anthrazitfarbene Oxidschicht, die man gleichmäßig auf allen unlackierten Oberflächen von Tinplate-Gleisen findet. Man benutzte für die Bing Tischbahn leider kein vernickeltes, vermessingtes oder brüniertes Profil. Fährt man nur mit Uhrwerk, so sind natürlich die günstigen Uhrwerkschienen ohne Mittelleiter ausreichend und die elektrische Leitfähigkeit der Schienen ist unwichtig. Eine Beschreibung der Reparatur einer Uhrwerklok findet man im Abschnitt „Restaurieren".

Spannend wird`s beim elektrischen Fahrbetrieb. Der Strom (maximal 8 Volt Wechsel- oder 6 Volt Gleichspannung) wird nur sehr schlecht weitergeleitet. Man benötigt die elektrische Version der Bing 00 Schienen (mit durchgehendem Mittelleiter) und muss die Stifte und Hülsen der Gleisstücke sehr sauber halten, damit bester Kontakt möglich ist. Dabei hat es sich bewährt, die Stifte mit der Drahtbürste des Dremel blank zu schleifen, und die Hülsen der Schienen innen mit einer schlanken Rundfeile (Schlüsselfeile) blank zu reiben. Man könnte vielleicht auch verzinnen, aber das habe ich noch nicht probiert. Es würde eine neue  Oxidschicht auf Dauer vermeiden. Am besten wird der gesamte Gleisaufbau mittels der Trix Express Klammern für das Bakelitgleis befestigt. Besonders die handbetriebenen Weichen sollten gut befestigt sein, denn man muß schon ordentlich hebeln, um sie zu stellen. Bitte auf den Zustand des Mittelleiters achten. Ist er zu weit durchgebogen, so entsteht ein Kurzschluß zur Masse der Böschungsgleise hin. Alt-Märklin Fahrer kennen das Problem besonders von den Vorkriegs-Schienen. Man sollte den Strom an mehreren Stellen einspeisen. Der Regelmechanismus des Anschlußgleises ist zwar sehr hübsch, aber wenig wirkungsvoll und die kleine Tenderlok rast wie eine Rakete los, um sich in der nächsten Kurve zu verabschieden. Daher habe ich den Regler des Anschlußgleises voll aufgedreht und regele den Fahrstrom direkt mit einem modernen Märklin-Trafo. Dabei sollte man aber eine Markierung anbringen, um die Höchstspannung nicht zu überschreiten. Eine gute Alternative wäre auch eine feste 8 Volt Wechselstrom-Quelle (es gibt da einen Titan-Trafo) plus Trix Express Handregler. Dann kann nichts passieren. Natürlich kann man auch die billigeren und problemloseren Trix Express Bakelit-Schienen verwenden. Aber es soll doch auch möglichst stilgerecht gefahren werden...

Eine Schwachstelle sind die Halter der Motorbürsten. Sie sind zu dünn und lang ausgefallen. Eigentlich eine Fehlkonstruktion. Ich habe sie mit dünner Gummilitze gespannt, so daß sie höheren Anpressdruck auf den Kollektor haben. In der richtigen Position werden sie von einem Stück Holzleistchen (aus dicken Streichhölzern gebastelt) gehalten. Dies verhindert das Verrutschen weg vom Trommelkollektor.
Es kann zum Kurzschluß zwischen Motorkontakten / Bürstenkontakten und dem sehr engen Lok-Gehäuse kommen. Modernes Isolierband in schwarz an der richtigen Stelle schafft unsichtbar Abhilfe. In der Schlepptenderlok wäre niemals genügend Platz für diesen Motor gewesen. Bedenkt man das Alter, so ist er ein technisches Meisterwerk und war dem alten Trix- und Märklin-Motor sicher Vorbild.
Umschaltung der Fahrtrichtung: Bing 00 verfügt über einen Allstrom-Motor mit Handumschaltung (Anker-Polwendung) über die Schaltwalze unter dem Heck der Lok. Es gab übrigens schon in den 20er Jahren einen passenden Permanentmagneten als Umbausatz für dieses Maschinchen! Bei Trix Wechselstrom wird die Anker-Polwendung über die Walze im Gehäuse umgeschaltet. Dies geschieht mittels Stromunterbrechung am Fahrgerät. Bei Märklin wird dagegen die Feldwicklung des Motors umgepolt (Feld-Polwendung). Dies geschieht über den bekannten Umschalter mittels 24 Volt Spannungsstoß. Auch dies sind alles Allstrom-Motoren, die mit Gleich- und Wechselstrom gefahren werden können.